Tagundnachtgleiche


Ungewöhnlicher, atmosphärisch starker Film über einen Mann, der sich in der Sehnsucht nach seiner verlorenen Liebe aufzugeben droht. Gelungenes, sowohl von Kitsch als auch von Ironie befreites Kinodebüt

Alexander lebt allein, er hat gelegentliche Techtelmechtel mit einer Kneipenwirtin, und er repariert hauptberuflich Fahrräder. Gegenüber wohnt eine junge Frau, die er eines Tages trifft, als er aus dem Haus kommt. Er geht ihr nach und stellt fest, dass sie in einem Haus verschwindet – offenbar in einem Varieté-Theater mit dem Namen „Tagundnachtgleiche“. Sie verzaubert Alexander mit ihrem Auftritt, so dass er sie nach der Vorstellung unbedingt wiedersehen will. Gemeinsam mit anderen Künstlern feiern die beiden eine wilde Party, die schließlich im Bett endet. So weit, so gut, so üblich. Doch damit endet schon alles, was in der Kategorie Liebesfilm zum Standard gehört. Ab jetzt wird es ungewöhnlich, denn die Varietékünstlerin Paula stirbt bei einem Unfall nach der Liebesnacht...

Mit sehr wenig Dialogen und einem ausgeklügelten visuellen Konzept findet Lena Knauss nicht nur zu Bildern einer ungewöhnlichen Liebe, sondern auch zu einem eindringlichen eigenen Stil, in dem sie die Lebensphilosophie der Thirtysomethings relativ schonungslos entlarvt. Alexander mischt in der Erinnerung immer mehr Wirklichkeit und Fantasie, er träumt sich seine Liebe zurecht – hier wird die romantische Vorstellung von einer Beziehung zwischen Mann und Frau gleichzeitig persifliert und konterkariert. Lena Knauss spielt dafür mit Traumsequenzen und Rückblenden, die manchmal erfunden, manchmal tatsächlich passiert sind. So schafft sie eine eigenartige, beinahe dekonstruktivistische Stimmung zwischen Fantasie und Wirklichkeit, die umso stärker wirkt, weil die Hauptfigur ein Mann ist. Thomas Niehaus spielt diesen Mann auf der Suche nach Identität, der großen Liebe und dem Sinn des Lebens mit feiner, leiser Melancholie. Die wunderbar ausgewählte Musik (Komposition: Moritz Schmittat) und die fantastische Kameraarbeit von Eva Katharina Bühler übernehmen wichtige dramaturgische Aufgaben und sorgen mit für eine eigenwillige, aber irgendwie faszinierende Atmosphäre, die zusammen mit einem ausgeklügelten Drehbuch und einer gekonnten Inszenierung den Film zu einem sehr sehenswerten Erlebnis macht.

Quelle: programmkino.de / Gaby Sikorski



Deutschland 2020
Buch und Regie: Lena Knauss
Darsteller: Thomas Niehaus; Sarah Hostettler; Aenne Schwarz; Godehard Giese; Ines Marie Westernströer
110 Minuten
ab 16 Jahren
Kinostart: 18.11.2021

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Trailer TAGUNDNACHTGLEICHE
Tickets kaufen für den Regisseurinnenbesuch am Mo, den 22.11. um 18 Uhr