Frau Stern


Eine alte jüdische Frau will ihrem Leben in Berlin ein Ende setzen. Berührender, komischer, weiser Film über Leben, älter werden und Sterben. Ein traurig schönes Kleinod.

90 Jahre ist Frau Stern (Ahuva Sommerfeld) alt geworden, hat viel gesehen und erlebt, hat geliebt und gelitten und vor vielen Jahrzehnten das Konzentrationslager überlebt. Nun ist sie des Lebens müde, nicht weil sie krank wäre, sondern weil sie glaubt, genug gelebt zu haben. Doch ihr Arzt bescheinigt ihr beste Gesundheit, sich auf die Gleise legen klappt nicht, denn sofort wird ihr von einem freundlichen Unbekannten wieder aufgeholfen und so macht sich die alte, überaus wache Dame auf die Suche nach einer Waffe, doch das erweist sich als schwierig. So lebt Frau Stern weiter ihr Leben, verbringt viel Zeit mit ihrer Enkelin Elli (Kara Schröder) zu deren jungen Freunden sie immer intensiveren Kontakt pflegt. Gemeinsam wird getrunken, ein Joint geraucht und gesungen, doch trotz allem lässt Frau Stern der Gedanke nicht los, aus dem Leben zu scheiden.

Auf den ersten Blick mag es sich wie eine geschmacklose Idee anhören: Ein Film über eine 90jährige Holocaustüberlebende, die sich umbringen will, und das auch noch in Berlin. Doch was Anatol Schuster aus diesem Ansatz macht, zählt zu den schönsten Überraschungen, die der deutsche Film in diesem Jahr zu bieten hat. Angesichts der Thematik und der bemerkenswerten Hauptdarstellerin Ahuva Sommerfeld ist man versucht, hier an den „typischen“ jüdischen Humor zu denken, einen pragmatischen Umgang mit den Hochs und Tiefs des Leben, zu dem unweigerlich auch der Tod gehört. Doch auch wenn der Schatten des Holocausts immer mitschwingt, lose angedeutet wird, dass Frau Stern die einzige Überlebende ihrer jüdischen Familie ist, sich eine grundsätzlich melancholische Stimmung durch den Film zieht, ist „Frau Stern“ alles andere als ein deprimierender, düsterer Film. Es ist nicht zuletzt der erstaunlichen Präsenz von Ahuva Sommerfeld zu verdanken, dass die Geschichte über das Sterben, zu einer Ode an das Leben wird.

Deutschland 2019
Regie: Anatol Schuster
Darsteller: Ahuva Sommerfeld, Kara Schröder, Pit Bukowski
79 Minuten
ab 12 Jahren

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