Climax


Die Party einer französischen Tanzgruppe läuft aus dem Ruder. Gaspar Noés neuer Film ist ein maßloses, von treibenden Klängen unterlegtes Spektakel für Augen und Ohren, das man so schnell nicht vergisst.

Zwei Dutzend Tänzerinnen und Tänzer (u.a. Sofia Boutella, Romain Guillermic, Kiddy Smile) beziehen eine abgeschiedene Turnhalle, um ihre Choreografien zu üben. Bei der anschließenden Party kommt es jedoch zum kollektiven Exzess, denn: Ein Unbekannter hat LSD in die Sangría gemischt. Dem Glücksgefühl weichen Hass, Vorurteile und Brutalität. Zuneigung entwickelt sich in ungezügelte Lust und Verlangen. Bald fließt Blut. Am nächsten Morgen treffen Polizisten ein und entdecken das ganze Ausmaß einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Nacht.

Drei Jahre nach seinem Liebes-Drama „Love“ kehrt Gaspar Noé mit „Climax“ zurück auf die große Leinwand. Europas wohl kontroversester Regisseur („Enter the void“, „Irreversibel“) inszenierte sein mit Thriller- und Horror-Elementen angereichertes Musical-Drama überwiegend mit Profi-Tänzern ohne Schauspielerfahrung. Der Film ist thematisch und hinsichtlich seiner Atmosphäre in zwei Abschnitte geteilt. Im ersten Teil stehen die Einführung der Protagonisten und die Tanzproben im Zentrum. Zu pulsierenden Disco-, Synthie- und Hip-Hop-Klassikern filmt er die Tänzer in langen Einstellungen und außergewöhnlichen Kameraperspektiven. Mal ist die Kamera mitten im Geschehen, mal hält sie Abstand, mal beobachtet sie das Geschehen von oben. Nach der Probe beginnt die Aftershow-Party und damit ändert sich langsam aber sicher auch die Stimmung im Film. Es kommt in der Folge zum orgiastischen Rausch, bei dem Noé alle (audiovisuellen) Register zieht. Die Musik wird dabei zum pumpenden, fast aggressiven Soundtrack der entfesselten Szenen auf der Leinwand, die den Menschen als genusssüchtiges, paranoides und gewalttätiges Wesen zeigen, der einzig seine Bedürfnisse zu befriedigen versucht. Diese zweite Filmhälfte ist nichts für zarte Gemüter (bei der Pressevorführung verließen einige frühzeitig den Saal). Wie bei Noé üblich fällt allerdings auch das Wegsehen schwer, da er menschliche Abgründe so radikal offenlegt wie niemand sonst.

Frankreich 2018
Regie: Gaspar Noé
Darsteller: Adrien Sissoko, Alaia Alsafir, Alexandre Moreau
93 Minuten
ab 16 Jahren

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