Der Trafikant

Österreich 1937. Der 17-jährige Franz Huchel (Simon Morzé) verlässt auf strenges Geheiß seiner Mutter Margarete (Regina Fritsch) sein Heimatdorf und fährt ins aufregende, brodelnde Wien. Hier führt ein ehemaliger Liebhaber der Mutter, Otto Trsnjek (Johannes Krisch), eine Tabak-Trafik, Franz geht bei ihm in die Lehre. Der Bub lernt schnell, nicht nur das Praktische (Namen und Vorlieben der Kunden merken), sondern auch das Lebenskluge, zum Beispiel die Zeitung zu lesen, um informiert zu sein. Zu den besten Kunden gehört der 82-jährige Sigmund Freud (Bruno Ganz), der – so sagt man – „Köpfe repariert, innen drin“. Franz ist neugierig und sucht Rat. Er ist nämlich unglücklich verliebt, in die schöne, viel zu erfahrene und flatterhafte Böhmin Anezka (Emma Drogunova). Doch Freud ist in Liebesdingen keine große Hilfe. Überhaupt gibt es Wichtigeres: Hitlers Truppen sind einmarschiert,

Regisseur und Co-Drehbuchautor Nikolaus Leytner hat ein genaues Gespür für die Zeit und die Menschen, die in ihr leben. Er bringt sie dem Zuschauer anschaulich näher, mit ihren Sorgen und Nöten, mit ihren Sehnsüchten und Wünschen, vor allem aber mit den politischen Erschütterungen, die die Nazis verursachen. Doch die politische Realität schleicht sich nur langsam und behutsam in die Geschichte ein. Es geht vor allem um das Erwachsenwerden eines Buben, der die Liebe und die Großstadt kennen lernt und von gleich zwei Ersatzvätern lernt. Und nun kommt noch eine dritte Erzählebene hinzu: Franz ist ein Träumer, der sich in mutigen Tagträumen den besseren Ausgang einer Situation vorstellt oder in finsteren Nachtträumen in eine andere, poetischere Welt flüchtet. Immer wieder blitzen diese Phantasien auf, in entfremdeten, surrealen und sehr ausdrucksstarken Bildern. Simon Morzé und Bruno Ganz spielen ihre Rollen ebenso einfühlsam wie glaubwürdig: neugierig und lebenslustig der eine, klug und schelmisch der andere. Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen.

AT/D 2018
Regie: Nikolaus Leytner
Darsteller: Simon Morzé, Johannes Krisch, Bruno Ganz
114 Minuten
ab 12 Jahren

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