Nach dem Urteil


Ein Sorgerechtsurteil hat ungeahnte Folgen. Mit bedrohlicher Intensität zieht Xavier Legrands ergreifender Beziehungsthriller den Zuschauer völlig in seinen Bann

Miriam (Léa Drucker) und Antoine (Denis Ménochet) sitzen vor der Richterin. Zwei Kinder hat das geschiedene Paar, die fast 18jährige Joséphine (Mathilde Auneveux), die schon alt genug scheint, eigene Wege zu gehen, aber auch den 11jährigen Julien (Thomas Gioria), um den sich der Streit dreht. Der Vater verlangt eine Regelung, die ihm regelmäßige Besuche seines Sohnes ermöglicht. Zu diesem Zweck hat er sogar Beruf und Stadt gewechselt und ist in die Nähe seiner Ex-Frau gezogen. Was diese zutiefst erschrickt, denn Antoine stellt sich schnell als jähzorniger, aggressiver Mann heraus, der zwar sehr charmant sein kann, doch mit diesen Momenten der Freundlichkeit nur sein wahres Wesen kaschiert. Doch davon weiß die Richterin nichts, sie entscheidet auf gemeinsames Sorgerecht, so dass Julien genötigt ist, seinen Vater regelmäßig zu treffen. Der hat jedoch nur eins im Sinn: Herauszufinden wo genau seine Ex-Frau lebt, denn er ist davon überzeugt, dass sie ihn eigentlich noch liebt.

Bei den letztjährigen Filmfestspielen von Venedig wurde Xavier Legrande für die Inszenierung seines Debütfilms mit dem Preis für die Beste Regie ausgezeichnet. Durchaus verständlich, denn vom ersten Bild an ist „Nach dem Urteil“ mit größter Präzision gefilmt, geprägt von kalten, emotionslosen Blicken auf ein Sujet, das eigentlich niemanden kalt lassen kann. Vom ersten Augenblick ermöglicht dieser distanzierte Blick, die Figuren aus der Ferne zu beobachten, zu verfolgen, wie sie in einem Gestrüpp aus Bürokratie und Gesetzen, vor allem aber Emotionen gefangen sind und konsequent, ja fast schicksalshaft einem unausweichlichen Ende entgegenstreben.

Frankreich 2017
Regie & Buch: Xavier Legrande
Darsteller: Denis Ménochet, Léa Drucker, Thomas Gioria, Mathilde Auneveux, Mathilde Saïkaly, Florence Janas, Saadia Bentaïeb
93 Minuten

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