Die feine Gesellschaft

Eine schrullige Snob-Sippe mit Inzest-Problemen verbringt den Urlaub an der Küste. Dort lauert eine arme Fischerfamilie, die ihren Speisezettel mit ungewöhnlichen Methoden aufbessert. Monty Python-Fans dürften ihren Spaß haben. Böse. Böser. Bruno Dumot!

Anno 1910 verschwinden in einem kleinen Badeort an der französischen Kanal-Küste immer wieder Urlauber. Ein unglaublich dicker Inspektor und sein trotteliger Assistent stochern bei ihren Ermittlungen am Strand ziemlich im Dunkeln. Der Fettwanst purzelt die Dünen hinab. Sein Helfer stolpert hilflos hinterher. Beide ahnen nichts davon, dass die arme Muschelsammler-Sippe der Bruforts (ein Wortspiel: brute force = rohe Kraft) ihren bescheidenen Mittagstisch gerne mit unkonventionellen Methoden aufbessert. Ebenso wenig schwant der schwerreichen Familie Van Peteghem, welch’ garstiges Unheil ihnen in ihrer vornehmen Sommerfrische drohen könnte. Als deren burschikose Tochter Billie zum Flirtobjekt des grobschlächtigen Sohns des Brufort-Clans avanciert, entwickelt sich eine Romeo-und-Julia-Romanze der etwas anderen Art, Transgender-Kapriolen inklusive.

Er gehört in die kleine Riege radikaler Regisseure, die konsequent ihr Ding machen: Gleich mit seinem zweiten Streich „L’Humanité“ sorgte Bruno Dumont 1999 in Cannes für Kontroversen. In diesem Jahr erging es dem einstigen Philosophie-Dozenten und Werbefilmer ganz ähnlich. Die einen stöhnten über eine überbordende Farce, die zu abgefahren, überkandidelt und selbstgefällig daherkommt. Die anderen feierten eine bitterböse Gesellschaftskritik mit einem Füllhorn fantastisch absurder Ideen à la Monty Python. Polarisiertes Publikum - was will Filmkunst mehr? Dumot besetzt sein Figurenkarussell wie aus einer Geisterbahn: Das schrullige Oberhaupt der vermögenden Urlauber hat einen gewaltigen Buckel zu schleppen, kippt gern vom Stuhl und tut sich beim Reden reichlich schwer. Die exzentrische Tante (famos durchgeknallt: Juliette Binoche) fällt von einem hysterischen Anfall in den nächsten. Derweil die androgyne Tochter ihr ganz eigenes Versteckspiel zelebriert. Verwandtschaftliche Verhältnisse werden bei den Van Peteghems nicht ganz so genau genommen. Ob Cousin oder vielleicht Schwager, egal. Im Vergleich zu diesen inzestuösen Snobs scheint die derbe Familie der einheimischen Muschelsammler regelrecht normal - von ihren lukullischen Vorlieben einmal abgesehen.

Frankreich/Deutschland 2016
Regie und Drehbuch: Bruno Dumont
Darsteller: Fabrice Luchini, Juliette Binoche, Valeria Bruni Tedeschi, Jean-Luc Vincent, Brandon Lavieville, Didier Després, Cyril Rigaux, Laura Dupré
123 Minuten
ab 12 Jahren

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