Egon Schiele - Tod und Mädchen

Künstlerporträt von einem der wichtigsten österreichischen Maler des 20. Jahrhunderts, das den Künstler als emotional getriebenes ebenso wie rebellisches Genie zeigt. Die Neuentdeckung Noah Saavedra geht in der Rolle des Energiebündels wunderbar auf.

Was mag in einem jungen Menschen vorgehen, der mitansehen muss, wie der psychisch kranke Vater in einem Anflug von Wahn den gesamten Familienbesitz verbrennt? Dieter Berner beginnt seinen Film über Egon Schiele (1890-1918) mit einer solchen Szene, die ein Fiebertraum sein könnte, denn Schiele liegt wenige Einstellungen später sterbenskrank im Bett, schwach und gezeichnet von der Spanischen Grippe, die zum Ende des Ersten Weltkrieges viele hungernde Bürger in Wien ums Leben kämpfen ließ. „Tod und Mädchen“ heißt Berners Film im Untertitel, entliehen ist er nicht nur der Romanvorlage von Hilde Berger, die mit Berner auch das Drehbuch für diesen Spielfilm schrieb, sondern auch einem Bild von Schiele gleichen Namens. Der Tod als alltäglicher Begleiter jener Jahre war ganz sicher eines der Themen, die Schiele stark beschäftigt und ihn angetrieben haben. Mehr noch freilich waren es die Frauen, die er malte. Und malen, das konnte er - wie ein Besessener. Schon seine jüngere Schwester Gerti steht ihm als Pubertierende viel Modell, später lernt er Wally kennen, mit der er in wilder Ehe aufs Land zieht und dort in Verruf gerät, ein minderjähriges Nachbarkind ent- und verführt zu haben. Heiraten freilich wird er eine andere.

Dieter Berner bettet sein Porträt ein in Bilder voller Zeitkolorit, erweist sich als genauer Beobachter jener Jahre der Bohème und Schieles Wandel zum Expressionisten und Vertreter der Wiener Moderne. Gustav Klimt als künstlerischer Mentor und väterlicher Freund hat seinen Auftritt, der Prater als nicht nur ein Ort des Vergnügens, sondern auch der harten Arbeit ist nostalgiebetont ins Bild gesetzt, die Natur und das Leben auf dem Land zeigen sowohl ihre paradiesische Seite wie auch das Gefühl von Einsamkeit, die vor allem jene plagt, die das gesellschaftliche Treiben und Nachtleben der Stadt brauchen wie die Luft zum Atmen. Die Kamera und Lichtsetzungen stehen dabei sowohl in der Enge der dunklen und ärmlichen städtischen Atelierwohnungen wie auch der sonnendurchfluteten Landpartie ganz im Dienste der schwankenden Stimmungen, denen sich Egon Schiele immer wieder ausgesetzt sah. In der Rolle des einerseits gelobten und talentierten, andererseits verdammten und verurteilten Künstlers geht die Neuentdeckung Noah Saavedra, ein junger Schauspieler aus dem Burgenland, voll und ganz auf.

Österreich, Luxemburg 2016
Regie: Dieter Berner
Darsteller: Noah Saavedra, Maresi Riegner, Valerie Pachner
110 Minuten
ab 12 Jahren

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