Julieta

Julieta (Emma Suárez) führt mit ihrem Lebensgefährten Lorenzo (Darío Grandinetti) eine glückliche, scheinbar gefestigte Beziehung. Doch gerade als das Paar Madrid verlassen und nach Portugal ziehen will erreicht Julieta eine Nachricht: Zum ersten Mal seit Jahren bekommt sie ein Lebenszeichen ihrer Tochter Antía, die einst, mit 18 Jahren, verschwand, vor ihrer Mutter flüchtete, vor den Erinnerungen an einen schweren Verlust. Eigentlich hatte Julieta geglaubt, den Verlust ihrer Tochter verarbeitet zu haben, doch nun reißen alte Wunden aufs schmerzlichste wieder auf. Sie bleibt in Madrid zurück, streift durch die Stadt, sucht Orte der Erinnerung an Antía auf und beginnt sich zu erinnern: Als junge Frau (nun gespielt von Adriana Ugarte) lernte sie auf einer Zugfahrt Xoan (Daniel Grao) kennen, verliebte sich und bekam Antía. Am Meer lebte die Kleinfamilie in scheinbar unzerstörbarem Glück, doch die Schatten der Vergangenheit belasten die Liebe: Während Julieta im Zug einem älteren Mann ein Gespräch verweigert hatte, dessen anschließender Selbstmord ihr Schuldgefühle bereitet, lag Xoans erste Frau noch im Koma, als er Julieta kennen lernte. Welche Gründe Antía nun ihrerseits für ihr Verschwinden hatte, begreift Julieta nur langsam.

Strukturell ähnelt der Plot von „Julieta“ etlichen früheren Filmen Perdo Almodóvars: Verwickelt, verschachtelt erzählt, von geradezu schicksalshaften Zufällen geprägt. Und doch ist vieles anders: Weder das exaltiert Überdrehte der früheren Grotesken finden sich hier, noch übersinnliche, metaphysische oder schlichtweg bizarre Wendungen späterer Filme. So realistisch und zurückgenommen wie in „Julieta“ war noch kein Film von Almodóvar, was sicherlich auch der literarischen Vorlage zu verdanken ist. Hier schwelgt Almodovár einmal mehr in atemberaubendem Farbdesign, erzählt allein durch den Einsatz von mal grell roten, dann kühl blauen Kostümen und Accessoires alles über den Wandel von Julietas Gemütszustand und betont zudem immer wieder den Gegensatz zwischen Madrid und Meer. Bei aller äußeren filmischen Brillanz geht es Almodóvar jedoch wie stets um einen Blick in die Psyche der Menschen, vor allem die der Frauen, ihrer Rolle in der Gesellschaft, den Vorwürfen, denen sie ausgesetzt sind. Dieses zutiefst innere Empfinden so eindrucksvoll auf die Leinwand gebracht zu haben, macht „Julieta“ zu so einem besonderen filmischen Erlebnis.

Spanien 2015
Regie: Pedro Almodóvar
Buch: Pedro Almodóvar, nach Erzählungen von Alice Munro
Darsteller: Emma Suárez, Adriana Ugarte, Daniel Grao
Laufzeit: 110 Minuten
FSK: 6

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