Nur Fliegen ist schöner

Ein etwas steifer 50jähriger begibt sich mit einem Kayak auf einen neuen Fluss des Lebens. Liebevolle französische Komödie - sehr witzig, ganz schräg und doch wahrhaftig

Alles beginnt ganz harmlos: Michel ist irgendwo in den Fünfzigern, halbwegs glücklich verheiratet, Programmierer in einer kleinen Technikfirma. Er ist ein bißchen zu steif, ein bißchen zu pedantisch, ein bißchen zu korrekt. Er träumt vom Fliegen, aber mit Bodenhaftung. Lieber nimmt er all die gesammelten Flugzeugmodelle in die Hand, als dass er sich über den Fluggutschein seiner Freunde zu seinem Geburtstag freut. Als er eines Tages auf die Konstruktionspläne eines Selbstbau-Kayaks stößt, weiß er: hier kann er sich seine kleinen Träume selbst basteln. Aber natürlich nur auf dem Trockenen, auf dem sicheren heimischen Terrain. Seine Frau kennt ihn natürlich, und so ist sie es schließlich, die ihn ins Wasser schubst mit seinem Boot. Aber so einfach ist das natürlich nicht für einen Mann von heute, so ein Ausflug nach Outdoor muss geplant sein und mit dem gesammelten Marken-Hightech-Equipment dieser Welt ausgestattet werden. So - ganz symbolisch überladen mit zuviel Ballast - macht er sich auf ins trügerische Wasser eines Flusses, von dem er nicht weiß, wohin er ihn führen wird. Was auch ganz gut ist, denn freiwillig hätte er sich auf all das, was ihn dann auf seiner Reise erwartet, wohl nicht eingelassen...

Eine Reise, die ein Leben verändert, kleine Fluchten, die auf neue Wege führen, sind ein beliebter Filmtopos. Umso erstaunlicher, wie erfrischend Bruno Podalydès als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person diese alte Geschichte neu erzählt. Ganz harmlos, ganz unaufgeregt führt er uns ein ins Leben seiner Hauptperson, um uns dann im Verlauf der Reise immer enger zu binden an diesen Mann, der eigentlich ein bißchen zu linkisch ist, zu pedantisch, und der uns doch ans Herz wächst, so dass man auf einmal mit ihm in seinem Boot sitzt und die Welt aus seiner Sicht sieht. „Nur Fliegen ist schöner" - oder "Süße Fluchten“, wie der Film anfangs in Deutschland heißen sollte - erzählt eine Geschichte vom Ausbruch aus dem Alltag, aber er ist keine botschaftsgetränkte Selbsthilfegeschichte, sondern eine feine Komödie über den Lauf des Lebens und darüber, was wir daraus machen, manchmal leise, manchmal herzhaft, immer liebevoll-charmant. Entstanden ist so ein Wohlfühlfilm der anderen Art, nicht auf Hochglanz inszeniert, sondern angenehm schräg, immer ein bißchen neben der Spur. In dieses Kayak sollte man unbedingt einsteigen!

Frankreich 2015
Regie: Bruno Podalydès
Darsteller: Bruno Podalydès, Agnès Jaoui, Vimala Pons, Sandrine Kiberlain
105 Minuten
ohne Altersbeschränkung

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