Suffragette

London 1912. Maud Watts (Carey Mulligan) hastet nach einem langen Arbeitstag in der feuchtkalten Wäscherei durch die Straßen. Plötzlich splittert vor der jungen Mutter die Schaufensterscheibe eines Modegeschäftes. „Wahlrecht für Frauen“, ertönt es neben ihr. Und innerhalb von Sekunden entsteht ein Tumult. Polizisten verhaften umstehende Frauen, zerren sie in ihre Autos. Verwirrt steht sie am Straßenrand als plötzlich ihre Kollegin Violett (Anne-Marie Duff) auftaucht. Die macht aus ihrer politischen Einstellung kein Hehl. Wortreich versucht die Aktivistin Maud zu überzeugen, sich den Suffragetten anzuschließen. Nach anfänglichem Zögern lässt Maud sich überreden, zu einem geheimen Treffen zu kommen. Im Laden der engagierten Apothekerin Edith (Helena Bonheim-Carter) versammeln sich die Frauen im Hinterzimmer. Ein folgenschwerer Moment. Denn bald darauf findet sich Maud im englischen Parlament wieder. In Gegenwart von Ministerpräsident David Lloyd George schildert sie bei einer Anhörung zum Frauenwahlrecht ihre Arbeitsbedingungen. Zum ersten Mal in ihrem Leben erlebt sie das Gefühl, wirklich gehört zu werden...

Engagiert beleuchtet Regisseurin Sarah Gavron den mit zivilem Ungehorsam geführten Kampf der Suffragetten. Weder beschönigt die Britin, noch verfällt sie in nostalgisches überlebensgroßes Heldinnenpathos. Die fast dokumentarisch anmutenden Szenen wirken bis ins Detail authentisch. Aufrüttelnd vermitteln sie die schockierende Erinnerung an die Opfer, die Frauen bringen mussten. Das erstrebte Wahlrecht ist dabei nur ein Baustein einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen aller Schichten entmündigte. Nicht zuletzt deshalb stellt Drehbuchautorin Abi Morgan das Schicksal der fiktiven Arbeiterfrau Maud in den Mittelpunkt der emotionalen Milieustudie samt packendem politischem Lehrstück. Eindringlich, erschütternd und unglamourös verkörpert Carey Mulligan die persönliche Entwicklung dieser charakterstarken Schlüsselfigur in all ihren Facetten. Die 30jährige Londonerin erzählt ganze Geschichten allein mit ihren Blicken. Die inzwischen 66jährige Meryl Streep verleiht ihrem kurzen Auftritt als unbeugsame Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst glaubwürdige Leinwandpräsenz. Aber auch Co-Star Helen Bonham-Carter begeistert endlich ohne skurrillen Tim-Burton-Touch in dieser Riege ausgezeichneter Charakterdarstellerinnen. Last but not least gelingt es dem sehenswerten Emanzipationsdrama souverän seine männlichen Protagonisten klischeefrei darzustellen.

Großbritannien 2015
Regie: Sarah Gavron
Drehbuch: Abi Morgan
Darsteller: Carey Mulligan, Helena Bonham-Carter, Brendan Gleeson, Anne-Marie Duff, Ben Whishaw, Romola Garai, Meryl Streep, Finbar Lynch, Natalie Press, Samuel West, Geoff Bell.
Laufzeit: 106 Minuten
ab 12 Jahren

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