Sture Böcke

Hervorragend gefilmte und subtil beobachtete Geschichte von zwei Brüdern, die seit Jahrzehnten verfeindet sind und durch die Sorge um ihre Schafherden wieder zusammen kommen.

Im Norden Islands leben die Brüder Gummi (Sigurdur Sigurjónsson) und Kiddi (Theodór Júlíusson) auf benachbarten Höfen, sorgen sich um ihre Schafherden und sprechen kein Wort miteinander. Besonders kommunikativ ist diese ländliche, karge Region Islands allerdings ohnehin nicht, besonders Gummi lebt zurückgezogen und verlässt seinen Hof nur im äußersten Notfall. Zum Beispiel zum Wettbewerb der Schafzüchter, bei dem er zu gerne gewinnen würde. Doch sein Bruder schnappt ihm die Trophäe vor der Nase weg, was Gummi keine Ruhe lässt. Des Nachts schleicht er auf den Hof des Bruders und entdeckt ein totes Schaf. Er vermutet eine Infektion mit BSE und wittert die Chance, seinem Bruder eins auszuwischen. Doch die Konsequenzen sind unvorhergesehen: Angesichts der extrem ansteckenden, unheilbaren Krankheit beschließt das Veterinäramt, sämtliche Tiere in dem entlegenen Tal töten zu lassen. Für die Schafzüchter wäre dies eine Katastrophe, doch Kiddi beschließt, sich gegen die offizielle Anordnung zur Wehr zu setzen. Ohne die Hilfe seines Bruders ist dies jedoch kaum möglich.

Auf dem Papier hört sich der zweite Spielfilm des isländischen Regisseurs Grímur Hakonarson ausgesprochen unspektakulär an. Vielleicht nicht zufällig erinnert die betont einfache Geschichte an David Lynchs "Eine wahre Geschichte", der seine scheinbare Schlichtheit ebenso offensiv in den Vordergrund stellte, wie es Hakonarson tut. Um die besondere Qualität von "Sture Böcke" zu beschreiben hilft es zu betonen, was Hakonarson dezidiert nicht tut: Zwar ist sein Film im weitesten Sinne eine Tragikomödie, in der sich humorvolle Beobachtungen mit dramatischeren Momenten abwechseln, doch den inzwischen deutlich überstrapazierten Standardmodus des nordischen Kinos, die Lakonie, bedient er nicht. Es ist bemerkenswert, wie unprätentiös Hakonarson erzählt, mit bewusstem Einsatz der filmischen Mittel, aber ohne diese auch nur in einem Moment auszustellen. Mit ganz wenigen Worten entwickelt sich die Geschichte, mehr als Sprache erzählen die Gesichter der Schauspieler vom Leben, von Konflikten, deren Ursachen längst vergessen sind und von einer Art Versöhnung, die redselig und rührselig hätte sein können. So präzise Grímur Hakonarson seinen Film begonnen hat, so bringt er ihn auch zu Ende und findet ein wunderbares Schlussbild in einem an bemerkenswerten Momenten ohnehin reichen Film.

Island 2015
Regie: Grímur Hákonarson
Darsteller: Sigurdur Sigurjónsson, Theódór Júlíusson, Charlotte Bøving
93 Minuten

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