Der Staat gegen Fritz Bauer

Er ist die Ausnahmeerscheinung der Nachkriegsjustiz: Fritz Bauer, hessischer Generalstaatsanwalt, der die Deutschen in einem Aufsehen erregenden Prozess mit der Barbarei in Auschwitz konfrontiert. In seiner Zunft steht er weithin allein da. Denn die Mehrheit seiner Amtskollegen trug ihre Robe bereits im Zeichen des Hakenkreuzes. Eingebunden in braune Seilschaften, bemühen sie sich nach Kräften, die Verbrechen der Vergangenheit zu vertuschen. „Ich möchte eigentlich wünschen“, sagt Bauer, „dass junge Menschen heute vielleicht denselben Traum von Recht besäßen, den ich einmal hatte und dass sie das Gefühl haben, dass das Leben einen Sinn hat, wenn man für Freiheit, Recht und Brüderlichkeit eintritt.“ Diese eingeschnittene Originalaufnahme in Schwarz-Weiß stellt Regisseur Lars Kraume seinem spannenden Biopic voran. Konsequent versucht der aufrechte Demokrat die Täter und Mitläufer des NS-Regimes vor Gericht zu bringen. Vor allem als er den entscheidenden Hinweis bekommt, dass der frühere SS Obersturmbandführer Adolf Eichmann in Argentinien untertauchen konnte, hält ihn nichts mehr. Gemeinsam mit dem jungen Staatsanwalt Karl Angermann (Ronald Zehrfeld) beginnt ein Kampf gegen scheinbar unsichtbare Gegner.

Dem couragierten Pionier der Aufarbeitung von NS-Verbrechen, der klarsichtig erkannte, dass der NS-Staat kein Betriebsunfall der Geschichte war, ein filmisches Denkmal zu setzen ist längst überfällig. Grimme Preisträger Lars Kraume versucht mit seinem Psychogramm eines Aufrechten dieser Aufgabe gerecht zu werden. Dabei hält er sich nicht immer nur an die nüchternen Fakten. So ist sein junger Staatsanwalt Karl Angermann, hervorragend dargestellt von Ronald Zehrfeld, ein fiktiver Charakter. Der dramaturgische Schachzug ermöglicht ihm künstlerische Freiheit, die sein kraftvolles Biopic um einiges spektakulärer gestaltet. Mit seinem Hauptdarsteller gelang ihm ein Glücksgriff. Burghart Klaußner gehört seit Jahrzehnten zur Crème de la Crème der deutschen Schauspieler. Der gestandene Theatermann und subtile Charakterdarsteller verkörpert den Ausnahmejuristen und Kettenraucher bis in die kleinsten Nuancen überzeugend. Prägnant, sensibel und präzise spielt er seine Rolle vor der Kamera. Klaußner spricht nicht viel, aber er wirkt. Das ist seine Stärke. Das Reduzierte, in sich Zurückgezogene. Nicht umsonst erhielt der gebürtige Berliner zahlreiche Auszeichnungen.

Deutschland 2015
Regie: Lars Kraume
Darsteller: Burghart Klaußner, Michael Schenk, Ronald Zehrfeld
105 Minuten

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