Hubert von Goisern – Brenna tuat’s schon lang

„A Hiatamadl mog i net“, singt Hubert von Goisern mit seinen Alpinkatzen und zerreißt dabei fast seine Ziehharmonika. Schweiß tropft ihm von der Stirn. Seine Fans toben. Der umtriebige Musiker aus dem Salzkammergut hat seinen ersten Gipfel erreicht. Das „Hiatamadl“ kennt bald jeder. Sein rockiger Aufguss des traditionellen Tanzlieds stürmt jodelnd die Hitparaden. Damit gelingt dem inzwischen 61jährigen Anfang der 1990ziger Jahre der Durchbruch. Doch als Einstieg und Leitmotiv zu seinem stimmigen Dokumentarfilm, der dem Menschen Hubert Achleitner ungewöhnlich nahe kommt, wählt der bayerische Kultregisseur Marcus H. Rosenmüller freilich ein ganz anderes Bild. Langsam lenkt Hubert von Goisern seinen Kahn in der graublauen Morgendämmerung aus dem dunklen Bootshaus hinaus auf den spiegelglatten Hallstätter See. Der Künstler als Fischer, der mit Geduld und Ausdauer die Stromschnellen seiner Karriere umschifft, seine Angelschnur auswirft mit dem Gedanken und Vertrauen auf sein Glück. Assoziationen wie diese führen authentisch aus der provinziellen Enge. „Der Künstlername Hubert von Goisern is praktisch a Racheakt“, verrät der weltoffene Gebirgsmensch mit Blick vom See in die Kamera, „weil i hab mi nie richtig akzeptiert gfühlt“.

Eindrücklich zeigt das bayerische Kinowunder Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt ist länger tot“) wie sein Protagonist in seiner 25jährigen Karriere immer wieder zu neuen Ufern aufbricht, mit seiner packenden Spielfreude Brücken schlägt, Mauern einreißt und trotz ständiger Bewegung geerdet bleibt. Dem 41jährigen Regisseur aus Oberbayern gelingt ein Musikfilm, der einer intensiven Zeitreise gleicht, die nicht nur für Goiserns Fangemeinde sehenswert ist. Dramaturgisch eingängig aufeinander aufgebaut, fasziniert die exzellente Montage des Archiv- und Tonmaterials. Genial verschränken Schnittfolgen die spannende Collage aus Konzertausschnitten und Momentaufnahmen mit Wegbegleitern wie Goiserns alten Musiklehrer. Einziger Wermutstropfen: Wegbegleiterinnen kommen nicht zu Wort. Und das, wo doch dem Hubert schon in der Blaskapelle die Frauen gefehlt haben.

Österreich/Deutschland 2015
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Darsteller: Hubert von Goisern, Hage Hein, Konstantin Wecker, Walter Niedecken, Xaver Naidoo
95 Minuten
ohne Altersbeschränkung

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