Mr. Turner - Meister des Lichts


Er zählt zu den besten, und mittlerweile teuersten Malern der Welt. Als der fleißige Joseph Mallord William Turner anno 1851 mit 76 Jahren starb, hinterließ er mehr als 20.000 Werke. Dramatische Naturszenen, Schiffe und Wasser gehörten zu den Leitmotiven dieses Vorläufers des Impressionismus. Über das private Leben des genialen Künstlers ist wenig bekannt. Doch Mike Leigh hat intensiv recherchiert – und sich für die fehlenden Puzzlestücke die künstlerische Freiheit genommen. Wie von Turner gemalt sehen die ersten Bilder des Films aus: Eine Windmühle in idyllischer Landschaft, durch die im sanften Sonnenlicht zwei Frauen schreiten. Auch später nähert sich Leigh stilistisch immer wieder seinem Helden an und findet mit Kameramann Dick Pope grandiose Tableaus. Erzählt wird von den letzten 25 Jahren des Meisters. Um seine frühere Geliebte und die gemeinsamen beiden Töchtern kümmert sich Turner nicht, selbst die Beerdigung seiner Enkelin versäumt er emotionslos. Umso enger der Kontakt zum Vater, mit dem ihn ein höchst freundschaftliches Verhältnis verbindet. Als er sich auf Motivsuche unter falschem Namen in einer kleinen Pension einmietet, findet der wortkarge Maler, der sich oft nur mit Grunzlauten äußert, in der verwitweten Vermieterin seine späte große Liebe.

Über zweieinhalb Stunden nimmt sich Leigh und entführt ebenso elegant wie bewegend in das erstaunlich normale Leben eines Ausnahmekünstlers. Zugleich zeichnet, mit leichtem Federstrich ganz nebenbei, ein Sittenbild jener Zeit mit hoher Säuglingssterblichkeit und den Vorboten der industriellen Revolution. Dampfschiffe lösen die Segler ab. Und mit dem Photoapparat lassen sich ganz neue Bilder herstellen, wie der verdutzte Maler begeistert am eigenen Porträt feststellt. Verkörpert wird dieser kauzige Maestro, der auch schon mal mit Spucke seine Bilder verfeinert, von einem eindrucksvoll aufspielenden Timothy Spall, der diese widerspenstige Figur in all seinen Facetten präsentiert. Komplettiert wird das Bild durch eine auffallend authentische Ausstattung, die bis hin zum letzten Hosenknopf stimmig ausfällt. Last not least sorgt Leighs langjähriger Komponist Gary Yershon für einen höchst ungewöhnlichen Soundtrack, dessen Geigenklänge bisweilen bis zur Schmerzgrenze gehen um danach mit wunderbaren Paukenklängen zu versöhnen. Für den 71jährigen Regisseur war "Mr. Turner" ein seit Jahren gehegtes Wunschprojekt. Es ist ihm zum Triumph geraten.

Großbritannien 2014
Regie: Mike Leigh
Darsteller: Timothy Spall, Paul Jesson, Dorothy Atkinson
150 Minuten
ab 6 Jahren

Bild

Spielzeiten: