Yaloms Anleitung zum Glücklichsein

Sabine Gisiger strukturiert ihr Portrait des berühmten Psychotherapeuten Irvin D. Yalom weitgehend chronologisch über dessen Biographie. Sein Werdegang spiegelt den klassischen amerikanischen Traum: 1931 als Sohn russisch-jüdischer Migranten in den USA geboren, verlässt er die in sich geschlossen lebende Gemeinschaft, um als Teil der aufstrebenden neuen Welt Medizin zu studieren. Früh lernt er seine spätere Frau Marilyn kennen, die beiden bekommen vier Kinder. Unabhängig voneinander verfolgt das Paar seine akademischen Laufbahnen. Marilyn promoviert in vergleichenden Literaturwissenschaften während Irvin Karriere in der Psychiatrie macht - eine Beziehung auf Augenhöhe. Zur wegweisenden Erfahrung für Yaloms Arbeit wird die eigene dreijährige Teilnahme an psychoanalytischen Sitzungen, die er für sich als effektlos bezeichnet. Sein Fazit: Reines Zuhören und eine anschließende Deutung durch den Therapeuten erzielen keine Erfolge, entscheidend ist zusätzlich eine tiefere menschliche Zuwendung. Er beginnt mit der Einbeziehung philosophischer Aspekte und kommt zu der Erkenntnis, dass existentielle Themen und damit verbundene Probleme für alle Menschen universell gelten - jede/r ist ihnen ausgesetzt – auch der Therapierende. In Folge dessen wird die Unterscheidung zwischen gesund und krank hinfällig. Yalom proklamiert innerhalb therapeutischer Gespräche einen Dialog auf Augenhöhe und empfiehlt allgemein und fortlaufend eine therapeutisch betreute Selbsterkundung für ein zufriedeneres Leben.

Wohl temperierte, entspannt jazzige Klänge und ein eingängiger Ambient-Soundteppich untermalen altes Filmmaterial aus Yaloms Privatbesitz, das „Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“ visuell neben aktuellen Aufnahmen prägt. Manchmal verliert sich der Film kurzzeitig in seiner Bemühung um meditative Atmosphäre und metaphernhafte Motive, die Yaloms Erläuterungen zur Psyche illustrieren. Irritierend ist der Filmtitel „Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“. Die plakative Formulierung passt nicht zu dem, was der Film vermittelt. Hier geht es nicht um aufbereitete Hilfestellung für Glücksucher sondern Einblicke in Leben und Wirken des Protagonisten. Der internationale Titel „Yalom's Cure“, bei dem „Cure“ sowohl für die Heilmethode als auch die eigene Heilung stehen kann, trifft mit seiner Doppeldeutigkeit dagegen pointiert sowohl Yaloms therapeutischen Ansatz als auch Gisigers Annäherung über den Menschen Irvin D. Yalom, der wortgewandt, ruhig und gelassen seine eigene Biographie ganz im Zeichen der Selbsterkenntnis zur Analyse heranzieht.

Schweiz 2014
Regie: Sabine Gisiger
Darsteller: Irvin D. Yalom
77 Minuten
O.A.

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