Boyhood

Im Mittelpunkt steht der junge Mason, der vom sechsjährigen Schulkind zum achtzehnjährigen College-Studenten heranwächst. Die Höhen und Tiefen der Pubertät in Echtzeit – ein grandioser Stoff. Die Leiden und Freuden des jungen Mason reichen von der „Harry Potter“-Party und Stalking an der Schule über den ersten Joint bis zum ganz großen Liebeskummer. Unterdessen haben auch die Eltern ihre Päckchen zu tragen. Die Mama gerät bei ihren neuen Beziehungen an einen Uni-Dozenten, der sich als cholerischer Alkoholiker übelster Art entpuppt oder an einen Ex-Soldaten, dessen freundliche Fassade gleichfalls alsbald bröckelt. Der coole Wochenend-Papa scheitert derweil bei seinem grandios grotesken Aufklärungsunterricht im Fastfood-Restaurant, von seiner Karriere als Musiker ganz zu schweigen...

Mit der charmanten Lovestory „Before Sunrise“ (1995) und deren beiden Fortsetzungen „Before Sunset“ (2004) und „Before Midnight“ (2013) präsentierte Richard Linklater eine clevere Langzeitstudie über die Liebe. Nun setzt der Texaner der cineastischen Zeitreise die Krone auf, mit einem Film, wie es ihn bislang so noch nicht gegeben hat. Er begleitet eine Familie über einen Zeitraum von elf Jahren mit der Kamera und macht den Zuschauer zum Betrachter dieser Lebensläufe. Der Clou dabei: Alle Akteure altern real, sie trafen sich jährlich ein paar Tage, um das Projekt fortzusetzen: 39 Drehtage in elf Jahren! Wie üblich erweist sich Linklater als Meister exzellenter Dialoge der philosophischen Art. Kleine Seitenhiebe auf den Irak-Krieg, den Erfolg von Obama bei den Frauen oder die NSA fehlen gleichfalls nicht. So unaufdringlich die Ausstattung sich im Lauf der Zeit verwandelt, so zurückhaltend bleibt die Musik. Der talentierte Mr. Linklater hat keine der gängigen üblichen Soundtrack-Soßen nötig. Mit lässiger Eleganz spielt er einen reduzierten Soundtrack, der dem inflationären Prädikat „cool“ wahres Leben einhaucht. Man sieht einer Familie beim Leben und einem Jungen beim Erwachsenwerden zu. Eigentlich völlig unspektakulär. Und dann doch sensationell. Weil alles wahrhaftig und authentisch wirkt - und damit nicht nur zum Mitleiden mit den Figuren, sondern bisweilen zum Erinnern an das eigenen Fotoalbum im Kopf einlädt.

USA 2014
Regie: Richard Linklater
Darsteller: Ellar Coltrane, Patricia Arquette, Ethan Hawke, Lorelei Linklater
Laufzeit: 166 Minuten
ab 6 Jahren

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